Die Sippen - Teil II

Die Sippe der Sammler

Diese Sippe ist noch relativ jung und hat ihren Ursprung in der Heilersippe. Beide Sippen zeigen deutliche Parallelen auf. Vor etlichen Monden kam eine junge Frau zu den Heilern und lebte fortan unter dem Namen Kirashandra bei ihnen. Ihre Kenntnisse in der Heilkunst erstaunten selbst Charoon, so daß so das er sie zu seiner persönlichen Schülerin machte. Doch ihre wahren Fähigkeiten und Interessen offenbarten sich erst nach vielen Monden. Immer wieder verblüffte sie ihren Lehrer mit der Fähigkeit heilkräftige Kräuter und Mineralien zu finden. Das war ihre wahre Begabung. Schon früh begann sie sich Aufzeichnungen über die wichtigsten Fundorte, Sammelzeiten und Aufbereitung der Kräuter anzulegen und tauschte ihre Erfahrungen mit den Heilern Aus. So entstand in jahrelanger Arbeit das korossianische Manuskript der "Heilpflanzen und Mineralien".

Einige Korossianer(inen) kamen zu Kirashandra, um sich in dieser Kunst unterweisen zu lassen. Viele blieben und so wurde die Sippe der Heiler immer größer. Im Jahre 27 nach der Finsternis beschloß der Kabaka und seine Vertrauten Kirashandra zur Bunyora zu ernennen. Dies war die Geburtsstunde der "Sippe der Sammler".

Die Lebensweise

Die Sippe besitzt im Westen von Ish ein vorzüglich gebautes Dorf, das von einer Befestigung umgeben ist. Diese bietet Schutz vor den noch vereinzelnt anzutreffenden Zentauren. Viele der Sippenmitglieder leben hier ständig, oder zu mindest die meiste Zeit. Einige der Sippe sind zu seßhaften Bodenbauern geworden, die Mais, Tabak, Bohnen, Kürbisse und Sonnenblumen anpflanzen. Begonnen hat alles mit der Kultivierung der gebräuchlichsten Heilpflanzen, denn nur so war man unabhängig von den Launen der Natur.
Der Speisezettel der Sippe ist nicht rein vegetarisch. Ihre Nahrung findet Bereicherung durch die Jagd und Fischfang in den vielen Wasserläufen. Das erlegte Wild, besonders Hirsche u. ä. liefert auch die Häute für die Kleidung. Webstoffe sind seltener, da ihre Haltbarkeit sich nicht mit dem samtweichen Leder vergleichen läßt. Das Hauptnahrungsmittel ist ein Teig aus gestoßenem Getreide, das vermischt mit Vogeleiern, Salz und Kräutern nach Geschmack, an der Sonne getrocknet wird. Trocken gelagert ist diese Masse sehr lange haltbar. Bei Bedarf wird eine Handvoll kurz in Wasser aufgekocht. In Notfällen kann sie auch trocken gegessen werden, ohne daß sie an Nährwert verliert.
In diesem Dorf findet auch der erste Teil der Ausbildung, der jungen Sammler, statt. Hier lernen sie die wichtigsten Kräuter und Mineralien kennen und erfahren vieles über deren Wirkung, Standort und Anwendung. Erst nach diesem Studium werden die Jungen mit den Seten auf Wanderschaft geschickt.
Große Vorräte an Heilmittel lagern in den Hütten und Speichern, die bei Bedarf oder am Jahresfest eingetauscht werden. Hier wird auch das legendäre Manuskript von Kirashandra aufbewahrt und durch neue Erkenntnisse ergänzt. Zwischen den Sammlern und Heilern besteht ein reger Austausch von Informationen und Praktiken, so ist es nicht verwunderlich, wenn oft mehrere Heiler im Dorf der Sammler anzutreffen sind. Dadurch entwickelte sich an diesem Ort eine zentrale Krankenversorgung für das umliegende Gebiet.
Trotz dieser Siedlung geben einige Familien dem Nomadenleben den Vorzug. Sie ziehen durch die Wälder von Ish, um heilkräftige Kräuter dann, und an dem Ort zu sammeln, wenn ihre Kraft am größten ist.

Die Seten

Sie sind eine eigene Gruppe innerhalb der Sippe, Einzelgänger, die nur mit einem oder zwei Schüler ganz Magira bereisen, um ihr Wissen zu vervollständigen, um in fremden Ländern zu lernen und neue Heilmittel zu finden. Normalerweise kehren sie zum Jahresfest nach Korossos zurück, doch kommt es auch vor, daß sie über mehrere Jahre außerhalb des Landes bleiben. Kehrt ein Sete nach langer Wanderung zu seiner Sippe zurück, so ist das jedesmal ein Grund für ein großes Fest.

Kleidung

Man trägt unverzierte Lederkleidung mit vielen geräumigen Taschen. Zur unumgänglichen Ausrüstung gehört weiterhin ein Rucksack oder Tragebeutel, die oft mit Stick oder Quirllarbeiten verziert sind. Da sich die Sammler ohne Taschen unwohl fühlen, ist auch ihre Festagskleidung reichhaltig mit Taschen und Beutelchen versehen. Oft werden Kristalle und Ähnliches in den Stickereien verarbeitet, was ein untrügliches Merkmal der Sammler ist.

Das Sippengefüge

Die Dorfgemeinschaft zählt an die einhundert Köpfe. Mit ihnen lebt der Schamane Sequoyah und die beiden Heiler Oneida und Seneca, samt ihrer Schülerschaft. Weiterhin gibt es vier Familien, die fast ständig auf Wanderschaft sind und nur während der Regenzeit im Dorf leben, und das auch nur wenn sie sich nicht für diese Zeit einem Jägerstamm angeschlossen haben. Die Seten zählen an die vierzig Kopf, so daß die ganze Sippe aus über zweihundert Personen besteht.
Das Leben im Dorf spielt sich nach bewährten Regeln ab. Jedes Mitglied hat seine zugeteilten Aufgaben zu erfüllen. Jeden Abend trifft man sich und bespricht die Ereignisse des Tages und was am nächsten getan werden muß. Die anfallende Arbeit wird verteilt, insofern noch keine Regelung besteht. Jeder wird nach seinen Fähigkeiten und Neigungen zu Arbeit herangezogen.
Bei den abendlichen Sitzungen werden auch Streitfälle, nach dem Vorbild des Lukiko, geschlichtet. Größere Projekte und die Vorbereitung von Festen werden in dieser Runde besprochen. Natürlich dient dieses Treffen auch der Geselligkeit. Es ist für den Einzelnen keine Pflicht an den allabendlichen Versammlungen teilzunehmen, doch die meisten der Gemeinschaft finden sich abends am Ratsplatz ein. Neben der täglichen Routine werden Lieder gesungen und oft tritt ein Geschichtenerzähler in die Mitte und unterhält die Zuhörer mit spannenden Erzählungen.
Die Kinder werden von der gesamten Sippe erzogen. Bleiben aber meist, bis sie selbstständig sind, bei Mutter oder/und Vater. Eine Lebensgemeinschaft von Mann und Frau ist nicht starr, sie kann jederzeit von einem Partner oder beiden gelöst werde. Selten kommt es darüber zu Streitereien, denn die gesamte Sippe ist, selbst im korossianischen Sinn, eine einzige Großfamilie mit ungewöhnlich festem Zusammenhalt.

Die Waffen

Die Sammler führen nur Waffen zu ihrer Verteidigung, seltener zu Jagd. Die Seten sind wohl die best ausgebildetsten "Kämpfer" der Sippe, da sie auf ihren langen Wanderungen meist gänzlich auf sich gestellt sind.

Die übliche Bewaffnung der Sammler ist der Grabstock und das Messer. Der Grabstock ist ähnlich wie eine Lanze mit einer Spitze versehen, nur das sich am anderen Ende ein spatelförmiges Gerät befindet. Dieses dient zum Ausgraben von Wurzeln und Knollen, doch kann es in der geübten Hand auch zu einer schrecklichen Waffe werden. Auf Wanderungen durch die unwegsame Wildnis hat sich die Machete bewährt, sie wird aber nur in den seltensten Fällen eingesetzt, um die belebte Natur so wenig wie möglich zu schädigen. Pfeil und Bogen dienen zur Jagd und zur Verteidigung.

Die Haustiere

Eine Nutzviehhaltung gibt es bei der Sippe nicht. Bemerkenswert ist nur die große Anzahl von Hunden. Als ständige Begleiter der Sammler tragen sie deren Lasten, auch noch in den unzugänglichsten Gebieten, die für Ponys unerreichbar sind. Eine teilweise gezähmte Ziegenherde und etwas Federvieh leben in der Nähe des Dorfes. Gelegentlich werden Tiere von den Sammlern gefüttert, was bewirkt, daß die Tiere die Gegend nicht verlassen. Zum Ausgleich nehmen sich die Sammler einige Eier aus den Nestern und melken die Ziegen, wenn die Jungen nicht mehr gesäugt werden. Pferde und Ponys gibt es nur wenige.

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Wenn eine Frau die Wurzeln einer Zeder durchschneidet,
betet sie:
Schau mich an mein Bruder
Ich bitte dich um dein Kleid
Du wirst Mitleid mit mir haben
Es gibt nichts, wozu du nicht dienen könntest
denn es ist dein Wunsch, in allen Dingen nützlich zu sein
Weil du bereit bist, mir dein Kleid zu geben
Empfange mein Gebet du Quell langen Lebens
Denn aus dir werde ich einen Korb für meine Lilienwurzeln machen
Ich bitte dich mein Bruder
Erzürne dich nicht gegen mich
All der Dinge wegen, die ich dir tun werde
Und erzähle all deinen Freunden
Alles, was ich dich gefragt habe
Trag Sorge zu dir mein Bruder
Halte die Krankheit von mir fern
Mach, daß ich nicht an einer Krankheit sterbe
Mach, daß ich nicht im Krieg getötet werde
Mein Bruder
Kwa
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Die Kindererziehung

"Tschinto, uijanna! Ja, ja fürwahr, es ist ein richtiges kleines Mädchen", sagte die alte Großmutter, als sie das zarte kleine Wesen in Empfang nimmt und aufmerksam betrachtet. Die Alten betrachten kaum die Farbe von Haar und Augen, die beide in tiefstem Schwarz erglänzen, aber sie prüfen die zarten Linien des kleinen Gesichtes auf das Genaueste.
"Ah! Die Nase ihrer Ahnen! Lippen, so dünn wie ein Blatt, und Augen, so glänzend wie Wintersterne", rufen sie aus, als sie das in Pelz gewickelte kleine Bündel der anderen Großmutter reicht.
"Toki! Sie ist so niedlich, daß der Abendstern ihr zuzwinkern wird", bemerkte die andere Großmutter lächelnd.
"Und wie soll sie heißen?"
"Nun natürlich Winona, die Erstgeborene; das ist ihr gutes Recht."
"Pst! vielleicht ist der Name nichts für sie. Erst muß sie sich würdig erweisen, diesen Namen zu tragen."
"Uh", meint die erste Großmutter ein wenig beleidigt. "Jedenfalls kann sie ihn zur Probe bekommen."
"Tosch, Tosch! Ja, ja!" stimmt die andere zu.
Auf diese Weise hat die kleine Winona, ohne es zu wissen, den ersten Akt der korossischen Taufe erlebt.
Dann wickelt man sie in ein weiches, weißes Stück Hirschleder, das mit zarten Schilfblütenfasern gut gepolstert ist, und schnürt sie fest in den mit Wildhufen und Stachelschweinborsten reich verzierten und bepflanzten Hirschledersack, der an einem Brett befestigt ist. Diese reichgeschmückte Kindertrage wird dem zweiten Großvater auf dem Rücken gehängt, und dann wandert der würdige Mann davon.
"Du mußt mit mir kommen!" sagt er. "Wir gehen zu den Vätern und Müttern, den Bäumen; du sollst sie hören in ihrer tausendfachen Sprache, damit du sie dein Leben lang verstehst. Ich will deine Wiege an den Thuja, dem Lebensbaum, aufhängen; du sollst auch die Liebesseufzer des Baummädchens hören."
In dieser Weise wird die kleine Winona der Natur vorgestellt und nach der Anschauung der Korossianer mit ihr vertraut.
"Da! Nimm sie!" sagt der Alte, als er mit ihr aus den Wäldern zurückkommt. Er gibt das Kind seiner Mutter, die im Schatten eines Baumes ruhig dasitzt, daß man kaum glauben kann, daß sie soeben ein kleines Töchterchen geboren hat.
Sie hat ein niedliches Gesicht, so zart und unschuldig wie ein Hermelin", fügt die Großmutter freundlich hinzu.
Die Mutter redet nicht. Schweigend, beinahe ehrfurchtsvoll nimmt sie ihr Erstgeborenes in den Arm. Sie schaut in das samtweiche, kleine rote Gesicht und drückt das sorgfältig eingewickelte kleine Wesen fest an ihre Brust. Zum erstenmal fühlt sie, daß sie Mutter ist. Ein neues Leben, eine neue Hoffnung, ein Bindeglied zwischen ihr und einem neuen Geschlecht.
"Ah!" Ein Lächeln spielt auf ihren Lippen, sie hat das Kind zum erstenmal geküßt. In seinen Augen, im Mündchen, entdeckt sie deutlich den Ausdruck, den sie in dem starkem Gesicht eines anderen so liebt. Aber auch weich hat der Vater des Regenbogens die Züge in dem kleinen Gesicht gebildet.
Für einige Monde heißt das Kind Winona, dann wird der Schamane aufgefordert, Tschetankas erstgeborenem Töchterlein öffentlich einen Namen zu geben. Natürlich erhält er ein gutes Geschenk, eine Trage und einen schön bemalten Lederumhang dafür. Man wählt meistens außer dem Namen "Winona" ("die Erstgeborene") noch einige andere Namen; der erste kann aber, wenn sich das Mädchen dessen würdig erweist, später wieder angenommen werden. Der Name Winona bringt viele Verpflichtungen mit sich. Er bedeutet: gütig, hilfsbereit, mitleidsvoll, all das, was einer Ältesten vonnöten ist.
Der Herold macht seinen Rundgang im Lager. Singend kündet er die Taufe an und lädt alle zum Festschmaus. Eine korossianische Taufe ist ein großes Ereignis. Wenn Winona die ersten Schritte tut, gibt es wiederum eine öffentliche Ankündigung, bei der wieder viele Geschenke verteilt werden. Ein Kind aus guter Familie wird seiner Sippe immer wieder bei jedem kleinen Fortschritt seines Lebens, dem ersten Laufen, dem ersten Schwimmen, ins Gedächtnis gerufen. Der erste Schuß mit Pfeil und Bogen, die ersten selbstgearbeiteten Mokassins sind Anlaß zu einem Fest und zum Geschenkeverteilen.
So erhält Winona ihren zweiten Namen: Tatiopa, das heißt: "Ihre Tür". Er ist symbolisch, wie die meisten korossianischen Namen und bedeutet, daß ihre Türe stets gastlich offen und ihr Heim anziehend sein soll.
Die beiden Großmütter, die das Kind gepflegt haben, erzählen und singen ihm von seinen bedeutenden Vorfahren, besonders von den beiden Zwillingsschwester, die von den Sternen herkamen, um deren Mütter zu werden.
Sobald Winona allein spielen kann, spielt sie mit Ernst und Würde Mutter, doch auch mit Pfeil und Bogen. Ihr Kleid ist aus Hirschleder gefertigt und mit Stacheschweinborsten und langen Fransen bestickt und verziert. Es reicht ihr bis auf die Knöchel. Die vielfältigen Farben sind aus Wurzelsaft hergestellt. Für die kleine Decke, mit der sie Kopf und Schultern gegen das Wetter schützt, hat ein Hirschkalb sein Leben lassen müssen. Sie ist weich und weiß und auf der Haarseite bestickt.
Die Eltern fertigen für ihre kleine Tochter von jedem einfachen Werkzeug, das sie zu ihrer täglichen Arbeit brauchen, eine kleine Nachbildung an. Da ist ein kleiner Bogen mit stumpfen Pfeilen, ein kleiner Hirschhornschaber, um frische Häute zum Gerben vorzubereiten; noch ein anders geformter Schaber, ebenfalls zum Gerben, Knochenmesser und Steinhauer, um wilde Kirschen und Getreide zu zerstampfen.
Während sich die Mutter über die große Hirschhaut beugt - sie hat sie auf der Erde aufgespannt, steht darauf und schabt mit großer Gewandtheit die Fleischreste ab - steht die fünfjährige Winona auf einer Ecke des Felles und schabt und kratzt mit ihrem kleinen Schaber eifrig mit. Schleift die Mutter ihr Werkzeug, schleift das Kind das seine ebenfalls. Holt der Vater Wasser - er benutzt dazu einen getrockneten Herzbeutel irgendeines Tieres - holt Winona in einem ganz kleinen Behälter ebenfalls Wasser. Wird Holz gesucht, so lädt sich das Kind auch ein paar Reißer auf den Rücken. Sie stellt ihr kleines Kinderzelt genauso auf, wie es ihre Eltern tun. So lernt die Kleine schon früh das Leben in all seinen Bereichen kennen. Sie lernt ihr kleines Ich als Bestandteil ihrer Sippe zu betrachten, als ein Glied in der Kette der Geschlechter. Dabei werden ihre Kräfte aber nicht überanstrengt; man zwingt sie zu keiner Arbeit. Ihre Arbeit entspricht dem Spielinstinkt des Kindes und ist völlig natürlich. Diese Art der Erziehung zeugt früh den Wunsch, anderen zu helfen und für andere zu leben, in der Sippe zu bestehen. Die kleine Winona ist glücklich, wenn sie geben und schenken darf; sie freut sich, wenn man sie gern hat und spart nicht mit Liebesbeweisen.

 

Die Sippe der Waldläufer

Bei der Sippe der Waldläufer steht die Naturverbundenheit, die Liebe zur korossianischen Heimat, wie bei allen Sippen auch, im Vordergrund.
Einzig eine Neigung, die man vielleicht Abenteuerlust nennen kann, unterscheidet einen Waldläufer von den meisten anderen Korossianern. Eben diese Baggerlust treibt einige jungen Korossianer dazu, sich der Sippe der Waldläufer anzuschließen, die Sicherheit der Wälder von Ish zu verlassen, um fremde Völker kennenzulernen und deren Gebräuche zu studieren.

Die Aufgaben der Waldläufer Zu ihren Aufgabengehören es, Familienverbände durch den Wald von Korossos zu begleiten, Botschaften und Nachrichten schnell und zuverlässig zwischen den Sippen zu überbringen. Diese beiden Aufgaben sind innerhalb des Volkes die wichtigsten und somit stehen die Waldläufer in einem sehr hohen Ansehen bei der Bevölkerung von Korossos.

Die häufigen Reisen der Waldläufer werden allerdings auch dazu genutzt, um Waren im geringen Umfang innerhalb der Sippen umzuverteilen. Hinzu kommt noch die Führung volksfremder Karawanen durch den Wald von Ish (häufig haben die Tokei-Itoh von Torndad hier ihr Handwerk gelernt).
Außerhalb von Korossos werden die Waldläufer auch als Botschafter oder in Kriegszeiten als Kundschafter eingesetzt.

Die Ausbildung zum Waldläufer

Bedingt durch die vielfältigen Aufgaben, ist die Ausbildung zum Waldläufer sehr umfangreich. Schnelligkeit und körperliche Ausdauer sind die wichtigsten körperlichen Grundlagen für einen Waldläufer. Daher wird in alle Phasen der Ausbildung an der Verbesserung dieser Fähigkeiten gearbeitet. Das Laufen, Schwimmen, Tauchen und Klettern wird ebenso trainiert wie Ringen, Fauskampf oder die Körperkraft.
Der Schüler kann ganz nach seinen Neigungen entscheiden mit welchem Aufgabenbereich er sich am meisten beschäftigen möchte, niemand wird zu einer bestimmten Übung gezwungen. Immer wird ihm ein erfahrener Waldläufer zur Seite gestellt, der dem Schüler über einen individuellen Zeitraum sein Wissen und seine Fähigkeiten in diesem Bereich zu vermitteln versucht. Ist diese Ausbildung abgeschlossen, so kann der Schüler in einem anderen Aufgabenbereich neue Erfahrungen sammeln.
Es besteht jederzeit die Möglichkeit, die Ausbildung zu unterbrechen um kleinere Aufgaben zu übernehmen. Später kann die Ausbildung fortzusetzen werden. So kommt es, daß es Waldläufer gibt, die nie die heimatlichen Wälder verlassen haben. Andere wiederum sind fast nur als Botschafter in fremden Ländern unterwegs.
In der Regel ist es jedoch so, daß ein Waldläufer in allen Aufgabenbereichen ein gewissen Maß an Grundkenntnissen hat, wenn auch eine Spezialisierung meistens sinnvoll und wünschenswert ist.

Fähigkeiten

Kenntnis des Landes, geographischer Gegebenheiten, der Pfade und Gewässer. Kenntnis der Stämme und ihrer Verbindungen, Verwandschaften bzw. Familienfehden. Das Wissen um die unterschiedlichen Sitten und Bräuche einzelner Stämme, sowie deren Zeichen. Das Beherschen unterschiedlicher Stammesdialekte. Das Erkennen und Deuten der geheimen Schriftsteine. Sich in den Wäldern schnell und unsichtbar zu bewegen und allein zu überleben. Der Umgang mit volkstypischen Waffen.
Sitten und Gebräuche fremder Länder, vornehmlicher der, der Karawanevölker, denn oft führt ein Waldläufervolksfremder Karawanen z.B. von Torndad nach E´lil.
Kenntnis der Stadt und des Stadtlebens, sowie ihrer Bewohner und ihrer Dialekte. Wissen und Anpassungfähigkeit an Sitten und Gebräuche des Gastgeberlandes, Feilschen, Verhandlungs-geschick , sowie natürlich Diplomatie.
Kriegsführung, dazu zählt die Perfektionierung des "sich schnell und unsichtbar Bewegens", was eigentlich alle Korossianer schon auszeichnet. Dies ist besonders wichtig, um z.B. feindliche Lager und Stellungen auszuspionieren. Ein weiteres ist der Umgang mit volksfremden Waffen, wie Schwert, Streitaxt/-kolben oder mit Rüstungsteilen.
Da es für die Korossianer völlig untypisch ist Handel zu treiben, ist dies die Aufgabe, welche den jungen Schülern am meisten Schwierigkeiten bereitet. Da jedoch der Handel mit Städtern oder fremden Völkern unerlässlich ist, um Waren einzutauschen, die in Korossos nicht produziert werden können, hat die Sippe der Waldläufer diese Aufgabe übernommen.
In diesem Zusammenhang ist es interessant zu wissen, daß sich die Waldläufer ihre Dienste für Volksfremden angemessen entlohnen lassen. So kann ein geschickter Waldläufer/Händler zeitweise zu großem Reichtum kommen. Ein Waldläufer betreibt den Handel aber nicht, um sich selbst zu bereichern, sondern aus der oben beschriebenen Notwendigkeit.
Reichtum bedeutet für Korossianer nicht das Anhäufen von Edelmetallen oder Steinen. Sondern, der Besitz von Gebrauchsgegenständen, wie Metalltöpfe, Spiegel, Glasperlen, Messer, schöner Stoffe oder Stahlwaffen, sowie Reittiere oder Schlachtvieh, auch das Wissen um alte Mythen und Geschichten bedeuten in Korossos wahren Reichtum.
Ein Waldläufer hortet diese Schätze nicht zum eigenen, sondern zum Wohl des Volkes. Das heißt, er ist für die gerechte Verteilung aller Waren verantwortlich.
So wird jeder Waldläufer, zu jeder Zeit, einem Bruder Gegestände überlassen, die dieser benötigt, ohne eine Gegenleistung zu verlangen.
In der Regel ist es allerdings so, daß Waldläufer ihre Reichtümer über einen gewissen Zeitraum anhäufen, um diese dann bei einem besonderen Fest zu verschenken.

Das Informationssystem

Um anderen Sippen Mitteilungen über Veränderungen von Wegen, Gefahren, Überschwemmungen u.s.w. zu machen, haben die Waldläufer ein besonderes System entwickelt.
Kernstück dieses Sytems sind die Schriftsteine. Auf diesen werden in einer sippeneigenen Geheimschrift alle wichtigen Informationen in Kurzform festgehalten.
An erster Stelle stehen dabei die Gefahren, sowie geographische Veränderungen, soweit vorhanden, gefolgt von deren Richtung sowie dem Zeitpunkt der Niederschrift. Den Abschluß bilden noch einige Zusatznachrichten und Neuigkeiten, die in den Wäldern von Ish verbreitet werden sollen.
Die Schriftsteine werden unter kleinen Geröllsammlungen versteckt, die meistens an markanten Punkten oder Pfadkreuzungen aufgehäuft sind. Für das Auge eines unvoreingenommen Betrachter wirken sie wie zufällige Steinsammlungen, für den geübten Waldläufer sind sie jedoch leicht zu erkennen.
Sollte die Nachricht keine Gültigkeit mehr haben wird sie vernichtet, andern falls wird sie um neue Aspekte ergänzt und für nachfolgende Waldläufer bereit gelegt.
Fast alle Korossianer sind in der Lage die wichtigsten Zeichen zu deuten. Die genaue Bedeutung aller Zeichen kann nur ein ausgebildeter Waldläufern verstehen.
Auf diese Weise ist es möglich, in einem spärlich besiedeltem Land wie Korossos, das zu dem noch von Nomaden bevölkert wird, Nachrichten relativ schnell zu verbreiten.

Status

Da Waldläufer Nachrichten, Neuigkeiten und natürlich auch Klatsch überbringen, sind sie stets gern gesehene Gäste. Sie haben bei allen Stämmen und Familienverbänden Gastrecht. Selbst ein verfeindeter Stamm wird einem Waldläufer stets eine Unterkunft und eine warme Mahlzeit gewähren.
In Kriegszeiten bekleiden Waldläufer auf Grund ihrer Kampferfahrung und ihrer Kontakte mit fremden Völkern oftmals den Rang eines Unter- oder Heerführers.
Im hohen Alter werden sie besonders als Geschichtenerzähler geschätzt, die den Kinder ein unerschöpflicher Quell der Wunder und Weisheit sind.

Das Potlachfest

Die beste Gelegenheit durch Geschenke Ansehen zu erringen ist das Potlachfest. Hat ein Waldläufer genügend Reichtümer gesammelt, wobei zum Beispiel auch Mythen und Geschichten als Reichtum zählt, bittet er seine Familie und seine Freunde ihm bei der Ausrichtung des Festes behilflich zu sein.
Der ganze Stamm wacht über die Einhaltung der Regeln, sowie den Frieden der Festtage. Hundert und mehr geladene Gäste sind bei so einem Fest durchaus keine Seltenheit.
Den Vorrang bei den Einladungen haben insbesondere Häuptlinge verfeindeter Stämme. Obwohl ein solcher Häuptling weiß, daß ihm nur Unannehmlichkeiten und Schmach bereitet werden, kann er es sich auf keinen Fall leisten einem Potlach fern zubleiben, zu dem er geladen wurde.
Der Sinn des Festes liegt nicht nur darin, durch verschenken aller Besitztümer Ansehen zu erringen, sondern auch Feinde zu beschämen, in dem ihnen die größten und schönsten Geschenke gemacht werden. Je mehr Besitz auf einem Potlach verschenkt wird, um so größer das Ansehen des Gastgebers. Noch heute erzählt man sich an den Feuern vom legendären Tanka-To-Tshee, der selbst seine erbittersten Feinde beeindruckte, in dem er sogar seinen Namen verschenkte!
Allerdings wird feindlichen Kriegern auf jede erdenkbare Weise das Leben schwer gemacht. Lagerplätze auf morastigem Boden oder an übelriechenden Orten sind genauso üblich, wie Anspielungen auf Mißgeschicke in Reden oder Gesängen. Dabei bleiben sowohl Gäste wie auch Gastgeber sich nichts schuldig. Am Festabend selbst, an dem jeder Gast auf einem Platz sitzen sollte, der seinem Rang entspricht, ist es z.B. ein beliebtes Spiel, den Sitzplatz zum Nachteil der feindlichen Gäste zu verändern. Diese geben dann ihrem Mißfallen Ausdruck und protestieren lautstark. Nach einigem hin und her wird dieses Problem aber meistens zu aller Zufriedenheit gelöst. Natürlich kann es auch vorkommen, daß untereinander verfehdete Krieger feindlicher Stämme in unmittelbarer Nähe zu einander plaziert werden, oder daß die unliebsamen Gäste etwas zu dicht am Feuer sitzen müssen.
Zur Unterhaltung werden am Festabend Tänze aufgeführt, in denen die eigenen Taten gepriesen, sowie die Feinde lächerlich gemacht werden. Der Höhepunkte eines jeden Potlachfestes ist das Verteilen der Geschenke.
Mit besonderer Vorliebe werden besonders schöne, aber auch große und schwere, damit im Wald von Korossos unbrauchbare, Waffen an die Feinde verschenkt. Diese würden die Waffen zwar am liebsten sofort auf den Gastgeber richten, aber ohne eine direkte Beleidigung seitens des Gastgebers ist das nicht erlaubt. Der Gastgeber wiederum darf sich keine direkte Beleidigung leisten, da das Gastrecht gilt und Veranstalter wie Gäste auf ihre Ehre bedacht sind.
Aus diesem Grund würde auch niemand vorzeitig das Fest verlassen, selbst wenn die Umstände noch so widrig wären. Die Gratwanderung auf der sich alle Beteiligten des Potlachfestes befinden macht die ganz besondere Atmosphäre aus.

Anmerkung: Es ist üblich das die Häuptlinge die Geschenke erhalten, diese verteilen sie dann unter ihren Leuten.
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